Was sind komplexe Absencen?

Dazu siehe zunächst: Was sind Absencen?

Bei den meisten Betroffenen fallen außer der Bewusstseinspause bei den Absencen noch andere Erscheinungen auf. Man spricht dann von ausgestalteten oder komplexen Absencen.

Besonders typische Formen sind die "reklinativen Absencen", die "myoklonischen Absencen" und die "Absencen mit Automatismen". Andere Erscheinungen sind seltener.

Bei den reklinativen Absencen (lateinisch reclinare = zurückbeugen) - auch retropulsive Absencen genannt - werden Kopf und Oberkörper zeitlupenartig langsam, meist steif, manchmal ruckend nach hinten geneigt ("Sternkucker"). Die Augen bleiben dabei starr nach vorn gerichtet oder werden - öfter - langsam nach oben gewendet.

Bei myoklonischen Absencen zeigen die Kinder während der Absencen Myoklonien (Muskelzuckungen). Sie äußern sich meist in milder Form, auch nur angedeutet oder nur tastbar, in rhythmischer Folge von etwa drei in einer Sekunde. Man sieht Myoklonien öfter zunächst im Gesicht, besonders der Augenlider und im Mundbereich („periorale Myoklonien mit Absencen“), dann auch im Schulter-Oberarmbereich, gelegentlich mit einem leichten Anheben der Arme. Dabei sind die Zuckungen meist symmetrisch, das heißt, beide Arme oder Schultern sind etwa gleich stark und gleichzeitig betroffen.

Eine seltene besondere Erscheinungsform sind Absencen mit heftigen und sich steigernden, länger dauernden und auch einseitigen Myoklonien. Diese Form nimmt oft einen ungünstigen Verlauf. (→Tassinari-Syndrom) 

Absencen mit Automatismen sieht man, wenn die Bewusstseinspause über 10 Sekunden dauert. Dann treten häufig gleichförmig ablaufende Bewegungsfolgen auf, sogenannte Automatismen. Man sieht sie besonders im Mundbereich mit Schmatzen, Lecken, Kauen oder Schlucken. Auch ein Nesteln oder Zupfen mit den Händen kann vorkommen. Nicht unter solche Automatismen fallen die Bewegungsfolgen, die gelegentlich während einer Absence die vorher begonnenen Tätigkeiten, wie Laufen oder Schreiben oder Schwimmen, unsicher und fehlerhaft - "wie automatisch" - fortsetzen.

Eine andere Form sind die meist kurzen "Blinzelabsencen",auch Blinzelanfälle (Lidmyoklonien) ohne begleitende Absencen. Sie werden bei einigen Kindern oft schon durch einen willkürlichen oder den unwillkürlichen Lidschluss ausgelöst (→ Jeavons-Syndrom).

Eine leichte Versteifung der Körperhaltung oder nur einzelner Glieder bei "tonischen Absencen", eine Wendung des Kopfes und der Augen zu einer Seite ("versive Absencen") oder ein angedeutetes Fallen des Kopfes und Oberkörpers nach vorn ("Absencen mit Tonusverlust") sieht man selten. Auch Absencen mit Pupillenerweiterung, Erröten, Erblassen oder Einnässen ("vegetative Absencen") kommen nur vereinzelt vor.                                                    

                                                                                                                                     Nächste Seite: Was ist ein Absence-Status?

 Übersicht: Fragen zu Anfällen

Zur Hauptseite/Inhaltsübersicht