Welche Nebenwirkungen sind von Antiepileptika zu erwarten?

Jedes wirksame Medikament hat auch Nebenwirkungen. Man wird es nur anwenden, wenn sein Nutzen im Vergleich zu seinen unerwünschten Nebenwirkungen eindeutig überwiegt.

In der zur Anfallsfreiheit notwendigen Dosis haben Antiepileptika in den meisten Fällen keinen erheblichen Einfluß auf das Verhalten, die Aktivität und das Lernvermögen der Kinder. Dies gilt besonders für die Behandlung mit nur einem Medikament (einer Monotherapie) bis zu einer mittleren Dosierung.

Eine durch Medikamente bewirkte Anfallsfreiheit - besonders deutlich etwa bei häufigen Absencen - kann dagegen den Schulerfolg, die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kindes deutlich verbessern.

Doch gibt es bei einigen Kindern besondere Empfindlichkeiten mit andauernden und erheblichen Nebenwirkungen auch schon bei geringer oder mittlerer Dosierung. Im Einvernehmen mit dem Arzt und viel Geduld ist dann zu prüfen, ob eine verminderte Dosis oder ein Wechsel auf ein anderes Mittel eine ausreichende Behandlung ermöglicht. In einigen Fällen braucht es auch mehrere Wochen der Gewöhnung, damit Nebenwirkungen erträglich werden oder schwinden. In Einzelfällen, besonders bei gutartigen Herdepilepsien, ist dann auch die Frage nach der Notwendigkeit der medikamentösen Behandlung neu zu stellen.

Nebenwirkungen, die bei der Behandlung mit Antiepileptika auftreten können, sind besonders Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit. Andere - etwa Appetitlosigkeit oder Appetitzunahme, psychische Verstimmung oder Aufhellung, Wirkungen auf die Blutbildung oder den Stoffwechsel in der Leber und damit den Abbau anderer Medikamente - sind oft bei einem Mittel von erheblicher, bei dem anderen fast ohne Bedeutung.

Eltern sollten auf Nebenwirkungen genau achten, sie auch schriftlich festhalten und eingehend mit dem behandelnden Arzt besprechen.

Alle Antiepileptika können auch eine Anfallsbereitschaft erhöhen, vor allem bei einer Kombinationsbehandlung. Bei neueren Wirkstoffen – z.B. Topiramat, Vigabatrin, Gabapentin, Lamotrigin – kommt es dazu in etwa 5-10 Prozent der Fälle, auch bei sachgerechter Anwendung.

Wenn bei einer Einstellung Nebenwirkungen auftreten, vermindern sie sich in der Regel bei Verringerung der Dosis und verschwinden bei Absetzen des Medikaments. Einige Nebenwirkungen können auch durch eine Gewöhnung unter einer unveränderten Dosierung nach einigen Tagen bis Wochen deutlich nachlassen.

Fast alle akuten Nebenwirkungen sind Dosis-abhängig und führen nicht zu einer bleibenden Schädigung oder Entwicklungsstörung. Letzteres gilt auch für die - nur zum Teil Dosis-abhängigen - Allergien (Überempfindlichkeitsreaktionen). Fatale, lebensgefährliche Nebenwirkungen schon in der Einstellungsphase - wie ein toxisches Leberversagen oder toxische Hautreaktionen - kommen bei Beachtung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen nur äußerst selten vor.

Eine Anhäufung von Medikamenten oder ihrer Abbauprodukte mit Verbleib im Körper durch eine Langzeitbehandlung - wie von Eltern gelegentlich befürchtet - kann nicht vorkommen, weil diese ständig - und bei Entzug völlig - im Stoffwechsel abgebaut und vom Körper ausgeschieden werden.

Langzeitrisiken, etwa eine Kalkverarmung der Knochen bei Phenobarbital- oder Phenytoingabe, sind durch ärztliche Kontrollen und Gegenmittel (z.B. Vitamin D) in der Regel zu verhindern. Irreparable mögliche Langzeitschäden sind fast nur von selten gebrauchten Medikamenten bekannt, etwa von Vigabatrin. Weil das Langzeitrisiko von neueren Medikamenten nie sicher vorausgesagt werden kann, sollten diese besonders bei Kindern nur zurückhaltend und erst bei Versagen altbewährter Wirkstoffe eingesetzt werden.

Erhebliche Nebenwirkungen über längere Zeiträume oder mögliche Langzeitschäden wird man sehr selten in Kauf nehmen, und nur wenn Form und Häufigkeit der Anfälle keine andere Wahl lassen.

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