Was sind Vorboten und was ist eine Aura?

Ein Anfall kündigt sich manchmal auch schon Tage oder Stunden vorher mit Vorzeichen an (auch "Vorboten" genannt oder "Prodromi"), etwa durch eine besondere Reizbarkeit, Unruhe, Schlaflosigkeit, oder Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühl. So können Betroffene und Angehörige oft einen drohenden Anfall voraussagen.

Kurz vor fokalen Anfällen mit einer Bewusstseinsstörung, bisher „komplex-fokal“ genannt, auch bei sekundär generalisierenden Anfällen, kommt es oft am Beginn zu einer "Aura" (griechisch aura = Windhauch).

Eine solche Aura ist bereits ein Anfall in der Erscheinungsform eines einfach fokalen Anfalls ohne Bewusstseinstörung, bisher „einfach-fokal“ genannt. Die Aura gehört also schon zu dem nachfolgenden, nicht mehr bewusst erlebten Anfall, wird jedoch noch bewusst wahr genommen.

Ältere Kinder und Erwachsene geben oft eingehendere Beschreibungen, welche wichtig sein können, weil sie Rückschlüsse zulassen auf den Entstehungsort des Anfalls, den Anfallsherd. Je nach den vorkommenden Erscheinungen lassen sie sich - entsprechend wie bei den einfach-fokalen Anfällen - in besondere Formen einteilen.

Eine häufige Form ist die epigastrische Aura – mit Missempfindungen, die vom Bauchraum zum Kopf aufsteigen und mit Wärme- oder Kältegefühlen verbunden sein können.

Bei vegetativen (auch"autonomen") Auren kommt es zu vegetativen Erlebnissen - wie Blässe, Erröten, Schwitzen, Erbrechen, Einnässen, Herzklopfen - außerdem öfter einem von unteren Körperbereichen (oft Magengegegend bei "epigastrischer Aura") aufsteigenden "komischen Gefühl", auch Beklemmungsgefühlen, im Hals-und Brustbereich.

Sensorische Auren haben zum Beispiel Licht-und Farberscheinungen, oder Geschmacks-, Geräusch- oder Geruchsempfindungen zum Inhalt oder ein Drehschwindelgefühl.

Auch motorische und sensomotorische Anfallserscheinungen, etwa mit Zuckungen und/oder Kribbelgefühlen einzelner Glieder oder einer Gesichtshälfte, oder plötzliche Lähmungen oder ein Nicht-mehr-sprechen-können (Spracharrest) können als Auren auftreten.

Seltener als bei Erwachsenen sind bei Kindern psychische Auren, wie Angstauren in der Art von "terror-fits", oder traumhafte Vertrautheits- oder Verfremdungserlebnisse ("deja vu" oder "jamais vu").

Eine Aura dauert meist nur Sekunden, kann sich aber auch über Minuten hinziehen. Betroffene können sich dann auf den Anfall vorbereiten, sich aus einem Gefahrenbereich oder von einer gefährdenden Tätigkeit zurückziehen und vielleicht auch hinlegen. Erwachsene und ältere Kinder können auch eine "Selbstkontrolle" erlernen und während einer solchen Aura mit aktiven Ablenkungstechniken die Ausbreitung des Anfalls verhindern.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann man meist nur durch ihr Verhalten auf eine Aura schließen, etwa wenn sie vor einem Anfall plötzlich anfangen zu weinen oder sich hilfesuchend umschauen, auch rufen oder zur Mutter laufen und sich ängstlich anklammern.

Andere Kinder haben gelegentlich offensichtlich eine Aura, aber keine Erinnerung daran oder können sie nicht beschreiben. Nicht selten antworten sie auf Befragung ratlos und verlegen oder mit Ausdrücken wie "mir war so komisch" oder "mir war schwindelig".

Auren treten bei einem Betroffenen in der Regel immer in weitgehend gleicher Art auf. Ausprägung und Dauer können aber wechseln, auch münden sie nicht immer in einen generalisierten oder komplex-fokalen Anfall - es bleibt dann bei einem einfach-fokalen Anfall oder einer dann so genannten "isolierten Aura". Doch besteht bei einer solchen, vermeintlich isolierten Aura oft auch eine leichte Bewusstseinsstörung, welche die Betroffenen nicht selbst wahrnehmen. Die Aura ist dann als komplex-fokaler Anfall zu werten. Die Abgrenzung ist oft schwierig, bedarf dann einer Fremdbeobachtung des Anfalls und ist bei Erwachsenen besonders bei der Einschätzung einer Fahrtauglichkeit von Bedeutung.

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