Nichtepileptische anfallsartige Erscheinungen im Schul- und Jugendalter

Der Pavor nocturnus  (auch Nachtschreck, Nachtangst, nächtlicher Angstanfall) wird - wie bei Kleinkindern -  besonders im frühen Schulalter noch gesehen.

Tics sind gleichförmig (stereotyp) sich wiederholende, unwillkürliche plötzliche Zuckungen, auch  kurze Verkrampfungen , z.B. der Augenlider, der Augenbrauen, einer Gesichtsseite oder einer Schulter, die bei psychischer Belastung vermehrt auftreten. Sie unterscheiden sich damit deutlich von den epileptischen Myoklonien.  Auch bizarre Eigenarten mit Hüpfen, Grimassieren, Husten, Räuspern und Lautäußerungen – bis zum Ausstossen von Schimpfworten und Sätzen - kommen vor. Man spricht dann auch vom „Tourette – Syndrom“ (nach dem franz. Arzt Gilles de la Tourette).

Einschlafzuckungen treten in jedem Alter häufig auf und sind harmlos. Sie betreffen einzelne Glieder, oft den Schultergürtel. Sie können beim Einschlafen oder im leichten Schlaf aber auch häufiger auftreten und so störend und heftig sein, dass Betroffene davon aufwachen. Sie werden dann als „Einschlafmyoklonien“ oder „benigne Schlafmyoklonien“ bezeichnet und zu den Schlafstörungen gerechnet. Sie sind keine epileptischen Myoklonien.

Eine kindliche Migräne kann vorliegen, wenn anfallsartig Sehstörungen und Übelkeit auftreten, auch mit Leibschmerzen, Schwindel, Verwirrtheit, Sprachstörungen, Lähmungen als „komplizierte Migräne“, mit nachfolgenden Kopfschmerzen und Schlaf, bei Kindern nicht selten auch ohne Angabe von Kopfschmerzen. Auch wenn solche Attacken bei Kindern in der Regel schneller ablaufen als bei Erwachsenen – gelegentlich in nur einer Viertelstunde  – unterscheiden sie sich durch ihre Dauer von epileptischen Anfällen, die meistens nur Sekunden bis einige Minuten andauern.

Selten erfolgt eine Auslösung von occipitalen epileptischen Anfällen durch eine Migräne ("Migräne-Epilepsie-Syndrom").

Asthma-Anfälle: Bei betroffenen Kindern reagiert das vegetative Nervensystem übermäßig auf Reize, besonders auf Entzündungen und Allergene, mit einer Verkrampfung der Bronchialmuskulatur. Die Anfälle mit ihrem bekannten Erscheinungsbild von Atemnot mit Giemen bei angestrengtem Ausatmen – sie kommen bei etwa 10% aller Kinder vor - sind von cerebralen Anfällen leicht zu unterscheiden.    

Synkopen - nichtepileptische kurze Ohnmachten - sind die Folge einer verminderten Hirndurchblutung verschiedener Ursache. U.a. führen dazu Hitze und längeres Stehen („orthostatischer Kollaps“), auch eine psychovegetative Erweiterung der Blutgefäße z.B. bei einer Blutabnahme („vagovasale Synkope“). Ankündigung oft durch Schwindelgefühl, Sehstörungen ("mir wird schwarz vor den Augen") und Blässe. Sturz in der Regel als schlaffes Zu-Boden-Gleiten. Meist rasche Erholung im Liegen und Erinnerung an den Beginn. 

Erst nach dem Sturz – auf dem Boden liegend (dies als Unterschied zu einem epileptischen Anfall) erfolgen oft auch leichte Zuckungen und/oder eine kurze tonische Verkrampfung. Auch ein Urinabgang ist dabei möglich. Eine solche „konvulsive Synkope“, Dauer in der Regel nur 5-10 Sekunden, ist durch den Sauerstoffmangel bedingt (anoxischer Krampf) und kein epileptischer Anfall.

Nur in seltenen Fällen führt der Sauerstoffmangel zu einem anoxischen epileptischen Reflexanfall mit länger anhaltenden rhythmischen Kloni des Gesichts und der Gliedmaßen oder einem generalisierten tonisch-klonischen Verlauf.

An die bei Kindern und Jugendlichen seltenen kardialen Synkopen muss gedacht werden, wenn sie unter körperlicher Anstrengung auftreten. Ursachen sind Funktionsstörungen des Herzens, etwa Rhythmusstörungen oder Herzfehler. Da sie gefährlich sein können, müssen sie bei Verdacht sicher ausgeschlossenen werden, z.B. durch ein Belastungs-Ekg.   

Einschlafzuckungen treten in jedem Alter häufig auf und sind harmlos. Sie betreffen einzelne Glieder, oft den Schultergürtel. Sie können beim Einschlafen oder im leichten Schlaf aber auch häufiger und so störend und heftig sein, dass Betroffene davon aufwachen. Sie werden dann als Einschlafmyoklonien oder benigne Schlafmyoklonien bezeichnet und zu den Schlafstörungen gerechnet. Sie sind keine epileptischen Myoklonien, welche in diesem Alter vor allem nach dem Aufwachen auftreten können.

Die Narkolepsie –„Schlafsucht“ - geht einher mit starker Tagesmüdigkeit, nichtepileptischem anfallsweisem Schlafzwang, daneben meistens auch mit Kataplexien - anfallsartigen nichtepileptischen Tonusverlusten der mimischen und der Haltemuskulatur, mit Fallenlassen von Gegenständen, Einknicken in den Knien, auch Stürzen, ausgelöst durch heftige Affekte (z.B. Erschrecken, Ärger, Lachen), Dauer einige Sekunden bis Minuten.

Nichtepilepische „Dissoziative Anfälle“ sind keine simulierten Anfälle, sondern sie müssen als Äußerung einer psychischen Störung verstanden werden. Hinweise darauf sind dramatische Ausgestaltung mit wechselnd gestalteter Motorik, dabei ausschlagenden Bewegungen der Gliedmaßen, dabei geschlossenen Augen mit Widerstand gegen Lidöffnung und eine längere Dauer der Anfälle mit Neigung zum nicht-epileptischen Status ("Status pseudoepilepticus").  Das Bewusstsein ist meist eingeschränkt, die Sinneswahrnehmung erhalten. Eine Kontaktaufnahme kann dabei einem einfühlenden geschulten Beobachter möglich sein. Vorkommen mehr bei Mädchen als bei Jungen, oft verbunden mit Schulversagen, familiären Konflikten und Angststörungen. Ein Video-EEG kann die Diagnose bestätigen. Betroffene leiden oft zusätzlich unter epileptischen Anfällen. Eine Behandlung ist möglich durch einen Psychologen.

Besonders bei Jugendlichen ist auch an Drogen- und Medikamentengebrauch mit entsprechenden Nebenwirkungen zu denken.

 Zur Hauptseite/Inhaltsübersicht

Alphabet. Inhaltsverzeichnis + Fachworterklärungen