Die ACTH - Behandlung
und die
Steroid-Behandlung (siehe unten)
ACTH
(=adrenocorticotropes Hormon) ist ein Hormon der Hirnanhangsdrüse, das - wie
der Name besagt - auf die Nebennierenrinde wirkt. Es veranlasst diese, vermehrt
Cortisol und weitere Hormone zu bilden und abzugeben, welche auf die
Organentwicklung und den Stoffwechsel in vielfacher Weise - dabei auch
krampfhemmend - einwirken.
Das dem natürlichen ACTH
weitgehend entsprechende, synthetisch hergestellte Tetracosactid (Handelsname
z.B. Synacthen-Depot zu 0,5 und 1 mg) wird intramuskulär (in einen Muskel
gespritzt) verabreicht.
ACTH ist beim West-Syndrom ein Mittel der Wahl. Auch bei
anderen schwer beherrschbaren Epilepsien, wie dem Lennox-Gastaut-Syndrom
oder bei myoklonisch-astatischen Anfällen, kann es nach vergeblicher Behandlung mit anderen
Mitteln noch Anfallsfreiheit bewirken. Auch beim Pseudo-Lennox-, ESES- und Landau-Kleffner-Syndrom kann es eingesetzt werden.
Die erheblichen
Nebenwirkungen erfordern eine vorsichtige und zeitlich begrenzte Anwendung. Die
früher praktizierte Hochdosis-Behandlung wird heute nur noch durchgeführt, wenn
eine - oft ausreichende - niedrige Dosis mit geringeren Nebenwirkungen noch
nicht erfolgreich ist.
Ein ACTH-Behandlungsschema
des West-Syndroms ist zum Beispiel: Man beginnt mit einer Injektion Synacthen
Depot täglich in einer geringen Dosierung. Ist diese nicht ausreichend wirksam,
wird die tägliche Dosis nach 1 Woche verdoppelt. Ist die Behandlung erfolgreich
- Verringerung der Anfallshäufigkeit bis zum Verschwinden der Anfälle und der
Hypsarrhythmie im EEG - wird die Dosis allmählich abgebaut, indem die Abstände
der Injektionen zunächst auf zwei Tage, später bis zu einer Woche verlängert
werden, so dass sich die Gesamtdauer der Behandlung über einige Wochen bis
wenige Monate erstreckt.
Die Nebenwirkungen sind
abhängig von der Dosis und der Dauer der Verabreichung.
Am auffälligsten sind
Veränderungen des Gesichtes („Vollmondgesicht“) durch eine Einlagerung von
Wasser unter der Haut. Eine Schwächung des Immunsystems bedingt eine vermehrte
Anfälligkeit für bakterielle Infekte. Daneben treten Reizbarkeit,
Elektrolytverschiebungen im Blut, eine Vermehrung der weißen Blutkörperchen,
erhöhte Blutzuckerwerte und ein Blutdruckanstieg auf. Magenblutungen können
vorkommen. Durch Veränderungen der Herzmuskulatur besteht das Risiko eines
Herzversagens. Kinder mit erheblichen Hirnschäden sind vermehrt gefährdet.
Nach Beendigung der
Behandlung bilden sich in der Regel die Veränderungen in einigen Wochen
vollständig zurück.
Steroidbehandlung:
Statt mit ACTH kann eine
Behandlung mit etwa entsprechender Wirkung (und Nebenwirkung) auch mit
synthetischen Nebennierenrindenhormonen (sogen. Steroiden oder
Corticosteroiden, z.B. Prednison) erfolgen; auch dabei sind die o.a.
Nebenwirkungen abhängig von Dosis und Dauer der Verabreichung.
Eine nur einige Tage
hochdosierte Gabe eines Steroids mit eingeschobenen mehrwöchigen Pausen
(sogenannte pulsatile Therapie) gilt heute als Behandlungsmöglichkeit mit
geringeren Nebenwirkungen und oft ausreichendem Erfolg.