Was sieht man, wenn das EEG auffällig ist?

Bei einer gestörten Hirntätigkeit erscheinen unregelmäßigere und langsamere Wellen in der EEG-Kurve. Ist das ganze Gehirn betroffen, etwa bei einer Vergiftung, sieht man solche Veränderungen an allen Ableitepunkten. Der Arzt spricht dann von einer Allgemeinveränderung. Diese ist um so deutlicher, je größer die allgemeine Störung der Hirntätigkeit ist.

Ist nur ein bestimmtes Gebiet des Gehirns betroffen, etwa nach einer Verletzung oder bei einem Anfallsherd, wird man solche Veränderungen nur unter einem Ableitepunkt oder mehreren benachbarten Ableitepunkten (regional) feststellen können. Man spricht dann von einer herdförmigen (auch "lokalen" oder "fokalen") Funktionsstörung bzw. einem Herd oder "Fokus" (lateinisch focus = Herd).

Bei Betroffenen wird das EEG meist zwischen den epileptischen Anfällen abgeleitet. Dann findet sich nicht selten auch ein ganz normales EEG. Auch normale EEG-Befunde lassen daher eine Epilepsie nicht ausschließen. Dies gilt besonders bei einigen Epilepsien im Säuglings- und Kleinkindesalter (104)(110)(111), aber auch im späten Jugendalter und bei Erwachsenen. In diesen Fällen lassen sich jedoch oft – aber nicht immer -  in Langzeit- oder Schlafableitungen noch epilepsietypische Veränderungen nachweisen.

Andererseits findet man ( im frühen Schulalter bei etwa 7% aller Kinder ) "epilepsietypische Potentiale" (siehe unten) im EEG von Kindern, die nie einen Anfall erleiden. Mit dem EEG allein lässt sich somit eine Epilepsie auch nicht beweisen.

Meistens ergibt sich jedoch eine Übereinstimmung von typischen Anfallsbildern mit entsprechenden EEG-Befunden. Es sind Ausschläge der Kurve, die als "epilepsietypische Potenziale (ETP)" bezeichnet werden (andere Bezeichnungen sind "Spitzenpotenziale"; "epileptiforme Muster", "Krampfströme", "Krampfpotenziale", auch "epileptiforme", "Epilepsie-hinweisende", "anfallsspezifische", "krampfspezifische" oder "hypersynchrone" Potenziale). Es sind scharfe und kurze Ausschläge, die als kurze Spitzen (englisch "spikes" benannt) von weniger als 0,07 Sekunde Dauer (20 bis 70 Millisekunden), oder etwas breitere (70 - 200 msec) "scharfe Wellen" (anderer Ausdruck "steile Wellen") erscheinen (englisch "sharp waves" benannt), oft gekoppelt mit nachfolgenden langsamen Wellen als "spike-wave-" oder "sharp-slow-wave-Komplexe".

Diese Spitzenausschläge weisen auf eine übermäßige, abnorme Erregung im Bereich der unter dem Ableitungspunkt befindlichen Hirnrinde. Sie schaden den Gehirnzellen nicht - es sei denn, dass sie längere Zeit ununterbrochen, als "bioelektrischer Status", auftreten. Dazu siehe Wie entstehen epileptische Anfälle?

Solche einzelnen Erregungen sind in der Zeit zwischen den Anfällen so gemildert - örtlich begrenzt oder zeitlich abgebremst - dass dabei keine erhebliche Funktionsstörung und kein Anfall auftritt. Sie weisen aber auf eine Anfallsbereitschaft. Mehrere Spitzen kurz hintereinander - sogenannte Polyspikes ("hochfrequente Spitzen") - deuten meist auf eine hohe Anfallsbereitschaft und zeigen sich im EEG oft im Beginn eines tonisch-klonischen und während eines tonischen Anfalls.

Bei multifokalen Epilepsien – d.h. Epilepsien mit mehreren Herden - kann man nicht nur einen, sondern mehrere Spitzen-Herde (siehe oben) über verschiedenen Hirnregionen erkennen. Bei einer Bereitschaft zu generalisierten Anfällen sind solche Hinweise auf epileptische Erregungen auch - meist nur kurz - über allen Ableitungsstellen gleichzeitig (generalisiert) zu sehen.

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Weitere Fragen zu Epilepsien

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