Was ist bei einer Kombinationstherapie (Zusatztherapie) zu beachten?

Erst wenn mit einer Monotherapie keine Anfallsfreiheit erreicht wird, oder dies nur mit nicht hinnehmbaren Nebenwirkungen, werden mehrere Mittel kombiniert eingesetzt.

Bei der Kombination zweier Medikamente (einer "Duotherapie") muss nicht nur darauf geachtet werden, dass beide Wirkstoffe für die Anfallsform - oder die verschiedenen Anfallsformen - dieser Epilepsie optimal wirksam und zugleich für das Kind verträglich sind. Eine gegenseitige Verstärkung ihrer Wirkung erreicht man oft durch Mittel mit verschiedenen Wirkmechanismen. Außerdem ist darauf zu achten, daß die beiden Wirksubstanzen möglichst nicht die gleichen Nebenwirkungen haben und diese sich gegenseitig verstärken.

Häufig bewährt haben sich z.B. bei fokalen Anfällen eine Kombination von Carbamazepin oder Oxcarbazepin mit Valproat, auch Lamotrigin und Valproat, bei Epilepsien mit myoklonischen Anfällen und/oder Absencen eine Kombination von Ethosuximid mit Valproat.

In der Regel wird man ein Mittel, das bei alleiniger Anwendung (in Monotherapie) schon einen deutlichen Erfolg gezeigt hat, in einer weitgehend nebenwirkungsfreien Dosierung weiter verabreichen oder auf eine solche Dosierung zurücknehmen, das zweite Mittel einschleichend hinzufügen und - wie bei der Monotherapie beschrieben - vorsichtig in der Dosis steigern.

Dabei muß eine gegenseitige Beeinflussung ihres Stoffwechsels beachtet werden. Carbamazepin, Oxcarbazin, Barbiturate und Phenytoin aktivieren Leberfermente, welche nicht nur ihren Abbau, sondern auch den Abbau von Begleitmedikamenten wie Valproinsäure, Lamotrigin, Levetiracetam, Tiagabin oder Topiramat beschleunigen und deren Blutspiegel absenken. Andererseits vermindert die Valproinsäure (der wirksame Teil des Valproats) die Wirkung dieser Fermente und erhöht damit die Blutspiegel von Lamotrigin und Phenobarbital erheblich.

Eine Kombinationsbehandlung bedarf somit großer epileptologischer Kenntnisse und Erfahrung.

Besonders bei Therapieresistenz (→Pharmakoresistenz) besteht die Gefahr einer ausufernden Vielfachtherapie. Wenn bei einer Umstellung ein Mittel hinzugefügt wird und das Kind damit zunächst anfallsfrei wird, scheut man sich nicht selten, ein anderes Mittel dafür wegzulassen, weil davon Entzugs-Anfälle befürchtet werden. Bei erneuten Anfällen wird dann oft noch ein weiteres Mittel hinzugefügt, und bei einem Erfolg möchte man wieder "nicht daran rühren". So kann es zu einer Polytherapie (Vielfachtherapie) mit einer Kombination von auch mehr als drei Mitteln kommen. Dann sind gegenseitige Beeinflussung, Wirkung und Nebenwirkungen der einzelnen Wirkstoffe kaum noch übersehbar und steuerbar.

In diesen Fällen ist es dann in der Regel besser, die Medikation auf ein oder höchstens zwei gut gewählte und ausdosierte Mittel zurückzuführen. Bei einer solchen Neueinstellung können Betroffene auch vorübergehend mehr Anfälle - Entzugsanfälle - erleiden. Gelegentlich kann es sinnvoll sein, mehr Anfälle mit weniger Medikamenten in Kauf zu nehmen, und versuchsweise sogar alle Medikamente wegzulassen, um mit weniger bzw. ohne Nebenwirkungen eine bessere Lebensqualität für das Kind zu gewinnen.

Ein solcher grundlegender Umbau einer Medikation ist ambulant schwer vorzunehmen, wenn dabei mit Anfallshäufungen oder Anfallsstaten gerechnet werden muss. Schwierige Einstellungen und Umstellungen solcher Polytherapien werden daher oft besser in einer Spezialklinik für anfallskranke Kinder durchgeführt, siehe unter www.izepilepsie.de.

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