Welche
Anfälle kommen bei Rolando-Epilepsien vor?
Siehe zunächst Was sind Rolando-Epilepsien?
Besonders
bei Kleinkindern überwiegen sekundär generalisierte
tonisch-klonische Anfälle. Auch Halbseitenkrämpfe kommen
vor, mit muskulärer Verspannung und Zuckungen von Gesicht, Arm und Bein nur an
einer Körperseite und dann oft nachfolgender vorübergehender Lähmung der
betroffenen Glieder.
Merkmale
typischer Rolando-Anfälle, die mehr im Schulalter auftreten, sind
Missempfindungen, besonders Kribbeln und Taubheitsgefühl, im Bereich der
Mundhöhle und des Gesichts, oft mit nachfolgenden einseitigen muskulären
Verspannungen und Zuckungen, beginnend oft an einem Mundwinkel, auch mit
Würgen, Lallen, vermehrtem Speichelfluß und minutenlang nachwirkender
Unfähigkeit zu sprechen trotz erhaltenen Bewusstseins.
Die
Krämpfe und nachfolgende Lähmung der Schlund- und Kehlkopf-Muskulatur werden
von den Kindern beklemmend und bedrohlich empfunden. Oft kommen sie nachts zu
ihren Eltern, können nur unartikulierte Laute wie Lallen, Würgen und Stöhnen
von sich geben und deuten mit allen Zeichen der Angst auf ihren Mund.
Die
Anfälle treten vorwiegend, in 3 von 4 Fällen, nachts auf, besonders im leichten
Schlaf nach dem Einschlafen abends oder - häufiger - vor dem Aufwachen
morgens. Besonders bei Kleinkindern neigen sie zur Generalisierung.
Am Tage erfolgen sie besonders bei Übermüdung und dann fast nur mit fokaler
typischer Symptomatik – siehe oben - ohne Generalisierung.
Die
Dauer der Anfälle schwankt zwischen einigen Sekunden und einigen Minuten. Die
nächtlichen Anfälle neigen zu längerer Dauer.
Nur ein Kind von fünf betroffenen hat häufige Anfälle, gelegentlich mehrmals
täglich. Meist treten Anfälle aber selten - im Abstand von Wochen und Monaten -
auf, bei etwa der Hälfte nicht öfter als fünf mal, und bei jedem fünften Kind
bleibt es bei einem beobachteten Anfall. Wahrscheinlich sind sehr seltene und
gelinde Anfälle noch häufiger, denn es ist anzunehmen, dass viele dieser
Anfälle nicht als Rolando-Anfälle erkannt und erfasst werden.
Die
Krankheitsbilder der Kinder mit Rolando-Epilepsien zeigen häufig
Überschneidungen mit verwandten selteneren altersabhängigen idiopathischen
Herdepilepsieformen, die auch „Epilepsien aus dem rolandischen Formenkreis“
genannt werden, besonders der Epilepsie mit okzipitalen
Herden, dem Pseudo-Lennox-S., dem ESES
und dem Landau-Kleffner-Syndrom. Auch diese zeigen im
EEG – nicht nur über der Rolando-Region - die für sie typischen BEPK (siehe
unten) .
Siehe
dazu:
Was sind "gutartige" Epilepsien ?
Was sind die Ursachen gutartiger Epilepsien ?
Woran erkennt man gutartige Epilepsien?
Was
zeigt das EEG bei Rolando-Epilepsien?
Das
EEG zeigt typische Herdbefunde, am deutlichsten im Schlaf
- manchmal nur im Schlaf - und bevorzugt über der
Rolando-Region, einseitig oder beidseitig. Es sind aufeinanderfolgend nach
oben und unten gerichtete ("biphasische") Spitzenausschläge, (sog. BEPK = Benigne epileptiforme Potentiale
der Kindheit) in Form einer fokalen oder regionalen scharfen
Welle oder Spitze, gefolgt von einer elektrisch negativen langsamen
Nachschwankung geringerer Spannung als die negative Spitze.
Auch über anderen Hirnregionen, besonders über dem Hinterhaupt und Scheitelbereich, kommen sie vor, gelegentlich auch mehrere voneinander unabhängige Herde. Bei EEG - Kontrollen wechseln nicht selten Seite, Hirnregion und Ausprägung dieser Spitzenherde. Das ist nicht beunruhigend, sondern eher ein Hinweis auf die Gutartigkeit der Erkrankung. Im Schlaf erscheinen sie vermehrt, auch in Serien. In den ersten Lebensjahren und bei älteren Kindern können EEG-Befunde in der Wach-Ableitung auch unauffällig sein.
Vor
allem bei Entwicklungsrückständen des Kindes, wie → Teilleistungsstörungen, ist auch die Ableitung eines Schlaf-EEGs notwendig, um eine erhebliche
Generalisierungstendenz der fokalen Aktivität
und das Auftreten von kontinuierlichen elektrischen Staten (siehe ESES/CSWS) gegebenenfalls frühzeitig erfassen und
behandeln zu können.
Bei typischem EEG und typischer Anfallssymptomatik wird bei sonst neurologisch
unauffälligen Kindern oft auf eine weitergehende Diagnostik verzichtet.
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